Mittwoch, 30. Dezember 2009

Big Haselnussbrother Is Watching You!

"Über dem Victory-Block der Hauptstadt von Nordkastanien senkte sich die Dämmerung. Die Dunkelheit deckte gnädig die schäbigen Häuser und ärmlichen Straßen in eine Unsichtbarkeit, die es Winston Schmidt beinahe erlaubt hätte, mit seiner Fantasie frohe Farben in die schwarzen Lücken hinein zu malen. Doch trotz des ständigen Stromausfalls und der reihenweise zerstörten Straßenlampen waren an den Wänden überall die großen hässlichen Plakate unübersehbar. Sie schienen im Dunkel zu leuchten, wie Fenster, hinter denen sich Widerliches abspielte. Die Partei stellte sicher, dass jedes der Plakate angeleuchtet wurde, mochte es auch sonst noch so wenig Energie geben. Und jedes Plakat zeigte das gleiche Motiv. Ein riesenhaft vergrößerter Kopf eines Mannes von etwa 40 Jahren, bartlos, ernst, verbissen. Schwarze Haare in einer altmodischen Ponyfrisur ragten bis in die seltsam v-förmig auf die Nase zeigenden Augenbrauen. Die Lippen zusammengepresst. Die Augen, schwarz wie Kohle, verfolgten einen, wo immer man auch hinging. Unter dem Portrait stand: Der große Haselnussbruder sieht dich an!
Winston Schmidt drückte sich schnell in eine Ecke, während ein schneidender Wind Staub und Papier um ihn wirbelte.
Eine Polizeistreife raste mit heulenden Sirenen an ihm vorbei. Man brauchte sie nicht wirklich zu fürchten, meist fuhren sie viel zu schnell, aber man konnte nie wissen.
Winston griff in seine Tasche. Weich und warm war das Verbotene Ding. Er konnte nicht glauben, dass er es wirklich getan hatte. Ab jetzt war es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihn finden würden. Aber war es nicht besser, dies einmal getan zu haben, als in der Welt des Haselnussbruders weiter zu leben?
Langsam zog er das Verbotene Ding aus der Tasche. Es roch köstlich. Niemals zuvor konnte sich Winston erinnern, so einen Duft erlebt zu haben. Er packte es aus. Das Papier raschelte wie Musik. Winston musste noch einige Augenblicke Mut sammeln, dann tat er es. Er biss voller Freude in den Cheeseburger. Und während er kaute, blickte er dem großen Haselnussbruder direkt in die Augen. 'Vaporisier das mal, du Haselnuss!' fluchte Winston mit vollem Mund."


Die Stimme der Gegenmacht bittet an dieser Stelle Herrn Eric Arthur Blair, besser bekannt als George Orwell, um Verzeihung. Auch die Leser müssen wir um Verzeihung bitten, die wir vielleicht etwas mit der düsteren Version einer von Herrn Haselnuss beherrschten Gesellschaft verschreckt haben mögen. Aber der Herr Haselnuss nimmt in seinem Webauftritt große Worte in den Mund. Da schreibt er vom "Ende der Demokratie", von "Zensur", von "Vaporisieren", von Machenschaften "im Schatten des Gesetzes". Herr Haselnuss beschreibt das Schicksal von Walter Ulbricht, ehemaliger DDR-Führer, der "irgendwann" in Ungnade gefallen sei und dann aus Fotos heraus retuschiert wurde.

Gut, wir sind Herrn Haselnuss' Halbwissen gewöhnt. Walter Ulbricht ist nicht "irgendwann in Ungnade gefallen", sondern sah sich ab 1967 massiver Kritik ausgesetzt, als er das Deutungsmonopol der UdSSR in Bezug auf den Kommunismus in Frage stellte. Daraufhin entzog ihm die Sowjetunion die Unterstützung und er musste Erich Honecker weichen. "Heraus retuschiert" wurde Ulbricht nicht. Er blieb sogar Staatsratsvorsitzender bis zu seinem Tod. Ein Blick in die Wikipedia hätte Herrn Haselnuss da vielleicht weiter geholfen. Doch Sekundärquellen liegen dem Mann ja bekanntlich nicht. Vermutlich spielt Herr Haselnuss auf die Bildmanipulationen während der Zeit des Stalinismus an. Diese hatten eine lange Tradition und erreichten ihren Höhepunkt in den 50er Jahren, gingen jedoch mit der Verbreitung des Fernsehens und der unabhängigen Aufzeichnungsmöglichkeiten stark zurück. (Vielleicht sollte Herr Haselnuss sich das Buch "Bilder, die lügen", herausgegeben vom Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, zulegen. Und da wir wissen, dass Herr Haselnuss mit Quellenrecherche auf Kriegsfuß steht, winken wir auch gleich mit dem richtigen Kapitel: "Bildpropaganda und Bildfälschung im Stalinismus", S. 82ff. Wir hoffen, dass Herr Haselnuss wenigstens die Abkürzung "ff" kennt. - - -Seufz. Na schön, Herr Haselnuss, "ff" bedeutet "und folgende". - - Das bedeutet, Sie müssen die Seiten umblättern!)

Wie gesagt nimmt Herr Haselnuss große Worte gern in den Mund. Hier soll es einmal um den Begriff "Vaporisieren" gehen. Irgendwie hat der Herr Haselnuss noch im Kopf, dass dieser Begriff aus dem Roman "1984" von George Orwell stammt. Und den kann man immer gut zitieren. Oder zumindest kann man ihn publikumswirksam erwähnen, auch wenn man nicht so die große Ahnung hat. Herr Haselnuss erklärt uns:

"Vaporisieren" ist ein Begriff aus Geoge Orwells Buch "1984", mit dem das vollkommene Verschwindenlassen von Gegnern beschrieben wird. Die Gegner werden dabei auch aus allen Veröffentlichungen getilgt."

Na gut, grob vereinfacht kann man das so sagen. Herr Haselnuss sagt also selbst, dass es sich beim "Vaporisieren" um a) Gegner handelt, diese b) vollkommen Verschwinden und c) alle Veröffentlichungen so manipuliert werden, dass diese Gegner nicht auftauchen.

Und jetzt, man wagt es kaum zu sagen, soll solch eine "Vaporisierung" tatsächlich durchgeführt worden sein. Bitte bedenken Sie, lieber Leser, dass es sich bei der Orwellschen Vaporisierung um die physische Vernichtung von Staatsfeinden in einem totalitären Regime handelt. Orwell warnt vor der kompletten Manipulation der Gesellschaft und des Individuums! Die Menschen in "1984" sind übrigens bereit, im Rahmen des "Zwiedenk" die Vaporisierung zu akzeptieren. Fügen wir also noch d) hinzu: Niemand spricht mehr über den Vaporisierten, obwohl dieser im Gedächtnis präsent ist. Und wo wir dabei sind: e) die Manipulation der Quellen beinhaltet auch das totale Verändern von Dokumenten im Nachinein, sodass auch bei kritischer Recherche nichts zu finden ist, was die Vaporisierung erkennen lassen würde. Schließlich, Herr Haselnuss hat es ja so gewollt, müssen wir noch auf f) hinweisen: Durch "Neusprech" ist es unmöglich, die Vaporisierung zu beschreiben. Jeglicher Versuch hierzu endet unweigerlich in einer Lobeshymne auf den englischen Sozialismus, "Engsoz" genannt.

Und nun bittet die Stimme der Gegenmacht ihre Leser, ganz ganz tapfer zu sein. Wir werden jetzt schildern, welche "übelste Zensur" geschehen ist. Diese werden wir dann mit den Punkten a) bis f) abgleichen! Wir wollen hier nichts vorweg nehmen, aber nur soviel: Der Zorn des Herrn Haselnuss ist absolut gerechtfertigt! Die Demokratie ist in Gefahr! Das Ende der Welt nah! Hunde und Katzen leben bereits miteinander! Denn: Bei einer fiktiven Wahl von Kindern und Jugendlichen hätte die Tierschutzpartei knapp die 5% Hürde geschafft. Das ZDF hat deswegen das Programm nicht geändert.

DAS WARS?! DAS WAR ALLES?! Das war die gefährliche "Vaporisierung"?!

"Aber ja!", sagt da der Herr Haselnuss. Denn die Tierschutzpartei ist doch ein Gegner des ZDF und will das ZDF umbringen! Punkt a) ist also bestätigt!
Punkt b): Weil das ZDF das Programm nicht geändert hat, ist die Tierschutzpartei vollkommen verschwunden. ZISCH! PENG! Und weg ist sie.
Punkt c): Alle Veröffentlichungen wurden manipuliert. Die Tierschutzpartei tritt überhaupt nicht mehr auf. Webauftritte wurden geschlossen! (Es gibt zwar noch den Webauftritt der Partei, aber das ist sicher eine Falle von Außerirdischen...)
Punkt d): Niemand spricht mehr über die Tierschutzpartei! (Okay, vorher auch nicht.)
Punkt e): Das ZDF hat im Nachinein alle Quellen manipuliert und die Tierschutzpartei aus sämtlichen Bibliotheken und Verzeichnisssen entfernt. (Das kann das ZDF! Und die dürfen das, weil die ganz böse sind.)
Punkt f): Das Nicht-Erwähnen der Tierschutzpartei führt automatisch zu einem Lob des englischen Sozialismus (Engsoz). (Haselnuss unintusfühl Engsoz! Doppelplus ungut Dummschwätz in Netzseite verbrich.)

Alle diese Punkte sind komplett erfüllt! Der Begriff "Vaporisieren" ist von Herrn Haselnuss vollkommen richtig verwendet worden. Sauber recherchiert, kompetent in der Literatur und vor allem stets dem Ideal der Vernunft verpflichtet. Bitte einen Applaus für Herrn Haselnuss!

Und wie üblich: Das Schönste kommt zuletzt. Lassen Sie sich diesen Satz der Haselnuss'schen Weisheit mal im Hirn zerfließen

"Das ZDF wird darauf antworten müssen! Oder, wenn nicht: Keine Antwort wäre dann auch eine Antwort!"

Philosophie zum Davonlaufen.



P.S. In einem eitergelben Kasten auf seiner Webseite versucht Herr Haselnuss zwar, diesen lächerlichen Artikel zu relativieren, indem er den Begriff "Vaporisieren" als "Kunstwort" bezeichnet, jedoch spricht daraus nach eigenem Bekunden lediglich die Angst vor einer erneuten peinlichen Schlappe vor Gericht.

Dienstag, 29. Dezember 2009

Ende der Schonfrist

Lange hat die Stimme der Gegenmacht geschwiegen. Vielleicht zu lange. Wir hatten nämlich dem hoch verehrten Herrn Haselnuss eine Schonfrist eingeräumt. Erinnern Sie sich? Er hatte eine Abmahnung erhalten, weil er etwas zu offen mit Namen umgegangen war, weil er etwas zu sehr mit Schreiben von Anwälten und Gerichten hausiert hatte, weil er etwas zu forsch nach vorn geprescht war in seinem Kreuzzug gegen das Monster GEZ und den ÖRR. Vielleicht aber hatte er sich nur selbst gesehen, in einem seiner eigenen Auftritte in seinem neuartigen Rundfunksender und musste sich von diesem Schock erholen... Wer weiß!

In einem ungewöhnlich menschlichen Statement jedenfalls beschreibt Herr Hasenluss, was ihm wohl während der letzten Monate beschäftigt haben muss: "[Es] geht... um Konflikte mit Personen oder Institutionen, die ganz subjektiv als existentiell (sic!) empfunden werden. Es geht um Bedrohungen, die so beunruhigend erscheinen, dass sie im Geiste immer präsent sind. Du gehst abends mit ihnen ins Bett und wachst morgens mit ihnen wieder auf. Wie ein schwarzer Schatten liegt das Problem den ganzen Tag über deiner Seele und verhageln (sic!) dir selbst schöne Momente."

Merken Sie etwas, lieber Leser? Es ist nicht der typische bemühte Haselnuss-Stil, kein Heischen nach Wirkung. Er verwendet noch nicht einmal Sternchen, GROSSBUCHSTABEN oder Unterstreichungen. Er weiß am Ende eines Satzes noch, was er am Anfang geschrieben hat. Fremd- und Fachwörter werden nicht falsch verwendet. Grammatik und Rechtschreibung sind, zumindest für den Kenntnisstand des Herrn Haselnuss, auch auf annehmbarem Niveau. Fast könnte man meinen, Herr Haselnuss habe gelernt. Fast. Wäre da nicht die Tatsache, dass obiger Textauszug aus der Werbung für ein neues Haselnuss-Buch stammt. Angekündigt - oder vielmehr angedroht - wird hier das "Kleine Kampfbüchlein", das "Erste Hilfe bei schweren Konflikten" bieten soll.

Einen Tusch bitte! Denn da ist er wieder: der Alleskönner. Jurist, Vegetarier, politischer Lobbyist, Journalist und jetzt auch noch Lebenshelfer. Und zwar für alle Lebenslagen! Ausdrücklich nennt Herr Haselnuss Nachbarschaftsstreitigkeiten, Scheidungen, Behördenstreits und zivil- und/oder strafrechtliche Streitigkeiten im Internet. Die Liste ist selbstverständlich nicht vollständig! Aber nicht nur aufzeigen will es der Herr Haselnuss, sondern er will auch gleich Schützenhilfe geben. Und zwar taktischer UND strategischer Art! Dass er dabei auch noch mal eben über juristisches Vorgehen aufklären will, versteht sich von selbst. Ach so, einen kleinen Schlenker über juristische Winkelzüge soll es auch noch geben.

Du meine Güte! Die Stimme der Gegenmacht hat in ihrer kleinen "Festung der Unduldsamkeit" aus besseren [Studenten-]Tagen ja so manches Fachwerk stehen. Schon dieser Handapparat belegt mehrere Regalreihen eines skandinavischen Möbelherstellers. Und wir erinnern uns an gewisse Universitätsbibliotheken wo es Tausende und Abertausende Bücher geben soll. Allein das Nachbarschaftsrecht war zumindest vor einigen Jahren nicht gerade ein kleiner und einfacher Bereich der Rechtsprechung. Und das Internetrecht? Wir meinen, uns zu erinnern, dass dies auch nicht gerade auf einem Notizzettelchen Platz findet. Aber da könnten wir uns täuschen...

Doch jauchzet und frohlocket, denn es gibt gute Neuigkeiten! Jetzt kann man das alles verbrennen. Das "Kleine Kampfbüchlein" des Herrn Haselnuss wird die eierlegende Wollmilchsau in der Ausführung Wach-und-Hütehund! Wenn es auch nur annähernd so viel zum eigentlichen Thema beiträgt wie das völlig vergeigte "Blockwart TV", dann ist es endgültig an der Zeit, die juristischen Fakultäten zu schließen. Wie weiland die Chinesen mit dem kleinen Mao-Büchlein alle Herausforderungen der modernen Welt meisterten, so werden die Juristen mit dem Haselnuss-Buch in der Hand durch das neue Jahrzehnt schreiten. Ist das nicht eine herrliche Vorstellung?

Grund genug für die Stimme der Gegenmacht, etwas Regen auf die Parade des Herrn Haselnuss herauf zu beschwören. In der "Festung der Unduldsamkeit" läuft die Kaffeemaschine und die Geister, die Herr Haselnuss selber rief, wird er nicht mehr los. Schauen Sie doch in den nächsten Tagen wieder mal öfter hier vorbei. Die Stimme der Gegenmacht garantiert ein erstklassiges Lesevergnügen!