Sonntag, 24. Mai 2009

Journalist light - Herr Haselnuss und die Presse

Herr Haselnuss ist gegen die GEZ. So weit, so gut. Kein Mensch, augenommen ein Intendant, kann für die GEZ sein. Sie ist ein Ausdruck eines Gebührensystems, das für eine Medienwirklichkeit gemacht wurde, die von der rasanten Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte vollkommen überholt wurde.

Das ist auch nicht das Problem. Das Problem fängt da an, wo Herr Haselnuss systemüberwindend tätig werden will. Und geht dort weiter, wo Herr Haselnuss sich selbst als Sonne in einer Schöpfung sieht, in der ihn seine Briefe wie Planeten umkreisen. Soweit wir das überschauen können, gibt es niemanden, mit dem Herr Haselnuss zusammen arbeitet. Niemand kontrolliert, redigiert oder lektoriert ihn.

Oder sperrt ihm wenigstens die Sternchen-Taste an seiner Tastatur.

An Grundlagenforschung oder (echter!) Recherche ist Herr Haselnuss nicht interessiert. Dabei bezeichnet er sich - neben vielen anderen Dingen - auch als Journalist. Und so kommt es, dass er journalistisch klingende Sätze von sich gibt. Etwa den:

"Sie können davon ausgehen, dass ich den gesamten Schriftsatz sauber recherchiert habe." (Herr Haselnuss zu seiner "Musterklage gegen Zwangsanmeldungen")

Jaja, wir wissen: "Journalist" ist kein geschützter Begriff. Jeder ist das. Es gibt keine Prüfung, Zulassung oder sonstwas. Eine Ausbildung existiert nicht. Jedermann kann sich seine Anschauung von "Journalismus" zurecht zimmern, wie er gerade lustig ist. Der Begriff ist also als Wertekriterium wertlos. Und wenn Herr Haselnuss nunmal nicht recherchieren will, dann gibt es niemand, der ihn dazu zwingen kann. [Anmerkung: Wir sind uns vollkommen darüber im Klaren, dass die Situation so sein MUSS. Denn in einer Demokratie, besonders in Deutschland, wo die Presse im Dritten Reich schwer missbraucht wurde, müssen Journalisten vollkommen frei sein. Dazu gehört auch ein vollkommen offener Journalismusbegriff. Für weitergehende Informationen mache man sich über den Begriff "Vierte Gewalt" kundig.]

Als böse Stimme der Gegenmacht weisen wir hier natürlich mit klammheimlicher Freude darauf hin, dass es einen Journalistenverband gibt. Und der hat für solche Gestalten wie den Herrn Haselnuss eine wenig schmeichelhafte Bezeichnung: "Hobbyschreiber" nennt er sie. Müsste Herr Haselnuss sich den Qualitätskriterien des Journalistenverbandes stellen, dann wäre es von heut auf gleich aus mit der Haselnuss. Aber schon viel früher scheiterte der selbsternannte Journalist, nämlich an der Definition von "Journalist" im Sinne des Journalistenverbandes.

Was hören wir Sie da sagen? Böse Nachrede? Stimmt alles nicht? Wir sollen beweisen, was wir da behaupten?

Na gut. Wir nehmen mal die Broschüre "Berufsbild Journalistin - Journalist" des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV, Berlin, 2009) als Grundlage. Diese gibt es kostenlos als Download im pdf-Format hier.

Ist Herr Haselnuss ein "angestellter Journalist"? Nein. Das können wir ausschließen, denn er arbeitet für keinen Arbeitgeber, außer für sich selbst.

Ist Herr Haselnuss ein "freier Journalist"? Nein. Er müsste regelmäßig Beiträge den Medien anbieten und dafür auch entlohnt werden. Diese Beiträge müssten auch veröffentlicht werden. Als "Interviews" bezeichnete Meinungsäußerungen des Herrn Haselnuss gelten übrigens nicht als "regelmäßige Beiträge". Aber das nur nebenbei.

Okay, gut, sagen Sie jetzt, dann ist Herr Haselnuss eben nach dieser eher arbeitsrechtlichen Definition kein Journalist. Kann ja sein. Na und? Der DJV scheint ja eher eine Gewerkschaft der Journalisten zu sein. Und die sehen das eben eher in sachbezogenen, rein rechtlichen Kriterien.

Wie steht es also mit der Qualität?

Ui, das ist natürlich so eine Sache. Da kommen viele Begrifflichkeiten ins Spiel. "Boulevardjournalismus", "Sensationsjournalismus", "Qualitätsjournalismus", "investigativer Journalismus" usw usw usw...

Nehmen wir mal an, dass Herr Haselnuss für sich einen positiv besetzten Journalismusbegriff reklamiert. Er wird sich wohl kaum als "Sensationsjournalist" oder "Boulevardjournalist" sehen. Sicherlich wird er sich als "verantwortlich" und "investigativ" definieren. Haben wir damit Recht, Herr Haselnuss? Was ist Ihr Selbstverständnis als "Journalist"? Mit großer Sicherheit können wir davon ausgehen, dass Sie sich als "aufklärerisch" definieren. Ist das korrekt?

"Ja. Ich berufe mich auf ein sachliches und ernsthaftes für die Allgemeinheit bedeutsames Informationsinteresse." (Herr Haselnuss in eigener Sache als Antwort auf ein von ihm [fälschlicherweise] so gedeutetes generelles "Veröffentlichungsverbot" seiner Zwangsanmeldung.)

"Sachlich", "ernsthaft", "für die Allgemeinheit bedeutsam", "Informationsinteresse". Das sind große Ansprüche. Wir halten Sie beim Wort, Herr Haselnuss! Sprechen Sie jetzt mal für sich selbst, damit keiner sagt, wir hätten irgendwas verdreht oder wären "bösartig". Führen Sie uns an, Herr Haselnuss! Voraus, Journalismus-Warp-Faktor-Zehn!

"Ich komme immer mehr zu der Ansicht, dass in diesem Lande nur ohne Gefahr leben kann, wer entweder über umfangreiche juristische Kenntnisse verfügt oder über Kohle ohne Ende. Eigentlich über beides. Das ist kein gutes Zeugnis für einen "Rechtsstaat". Das ist das Gesetz des Dschungels."

Klasse, Herr Haselnuss. Total sachlich. Sie haben nach allen Richtungen recherchiert. Prozesskostenhilfe gibt es in unserem Land nicht. Das ist bloß eine blöde Erfindung von irgendwelchen Außeriridischen. Und "Kohle ohne Ende" ist total journalistisch angemessene Sprache. Ungefähr wie "nobelpreisgeil". Richtig geiles Register. Aber total abgefahren, Alter! Jeder Spacko hat so eine Lingo drauf, altes Nüsschen! Vom Bundespräsi bis zu Merkel-Tussi! Und auch an deiner Uni hat man voll so einen abgelabert, Alter! Wer auf Sprache achtet, ist voll scheißi-angepassti! Herr Haselnuss braucht das nicht, der ist Journalist.

"Nur wer Geld hat, bekommt Recht. Und wer *richtig* Geld hat, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk, beherrscht irgendwann das Land allein, weil er die Gegner alle ausgeschaltet hat. Nicht, wie in *echten* Diktaturen, mit dem Strafrecht, sondern die Vernichtung der Existenz mit Hilfe des Zivilrechts. Zivilrecht klingt harmlos, kann aber viel mächtiger sein, als das Strafrecht."

Das ist ja so klar, Herr Haselnuss! Wie sagten Sie? "Ernsthaft" und "bedeutsam" sei Ihr Journalismus? Sie glauben allen Ernstes, in unserer Demokratie würden ARD und ZDF an einer Machtergreifung arbeiten? Glauben Sie wirklich, die Mainzelmännchen und die Maus mit Elefant würden im Fackelzug durch das Brandenburger Tor marschieren und morgen die Macht in Deutschland übernehmen? Glauben Sie, unser Zivilrecht wäre ein Ermächtigungsgesetz der Reichen? Welche Vorstellung von der Bundesrepublik Deutschland haben Sie überhaupt?!

Oder ernsthafter und ohne Sarkasmus: Die unabhängige Justiz in unserer Demokratie entscheidet nur zugunsten der Reichen? Haben nicht Sie selbst Schriftzug um Schriftzug an die Gerichte geschickt? Empfehlen nicht Sie selbst Strafanzeige zu stellen und mit der "guten alten Guerilla-Taktik" das System aufzuweichen? Haben Sie nicht selbst Teilsiege erstritten, als Sie noch sachlich gegen den ÖRR vorgingen? Man könnte ja fast glauben, hier spräche nur Ihr gekränktes Ego, weil Sie lediglich Sich selbst und nicht die Sache in den Mittelpunkt gerückt haben... Oder muss man vielleicht annehmen, Ihre Verbitterung rühre nur daher, dass Sie selbst nur ein gaaaaanz kleines Lichtlein sind, das nach Größe schreit?

"Hier geht es ja tatsächlich um einen Angriff auf die Pressefreiheit, die uns alle betrifft. Es geht aber auch um die Frage der Anwaltskultur. Der Anwaltsstand nennt sich ja auch so schön: "Organ der Rechtspflege". Dieser tolle Begriff sollte doch wenigstens auch ein paar Selbstverpflichtungen nach sich ziehen, damit man ihn ernst nehmen kann."

"Pressefreiheit" definiert Herr Haselnuss so, wie er es will. Ausgerechnet der Begriff der "Pressefreiheit" ist in den jetzt rund 60 Jahren der BRD heiß diskutiert und von kompetenteren Vertretern als Herrn Haselnuss besprochen worden. Dieses Thema ist so unendlich komplex, dass selbst Spezialisten sich ihm nur annähren können. Wir empfehlen dem geneigten Leser umfangreiche eigene Recherechen im Netz und in einer großen Bibliothek. (Stichwörter: "Spiegel-Affäre" oder "Barschel-Affäre" oder "Gladbecker Geiseldrama" usw.) Nur ein Beispiel: Darf die Presse über den Aufenthaltsort des Ex-Terroristen Christian Klar berichten? Die Für-und-Wider-Argumentationen sind allesamt groß und bedeutsam. Eine endgültige Lösung scheint nicht in Sicht. Aber was interessiert das Herrn Haselnuss? Abwägen? Pah, Quatsch! Er nimmt auch andere Begriffe so in den Mund, wie es ihm passt: "Rechtsstaat", "Anwaltskultur" usw. Wie respektlos geht dieser Amateur mit solchen Begriffen um! Herr Haselnuss entscheidet, wann man eine Anwaltskultur ernst nehmen kann?! Oder wann der Rechtsstaat bedroht ist? Der gleiche Mann, der vor Weltuntergangsmaschinen warnt und 200% Strafsteuer auf Fleischbesitz fordert? Der gleiche Mann, der in einer Minipartei Tierschutz und GEZ munter kombiniert, weil er den Vorsitzenden dieser Partei kennt? So jemand soll ein kompetenter Meinungsmacher sein?! Wir verzichten besser auf jeden Kommentar.

Nur ein letzter Hinweis sei uns gestattet: "Pressefreiheit" ist lediglich ein Abwehrrecht gegen Zensur des Staates. "Pressefreiheit" bedeutet nicht, dass jedermann wie es ihm beliebt über alles immer und unbeschräntk berichten darf. Natürlich muss man im Einzelfall abwägen, ob die Pressefreiheit schwerer wiegt als andere Rechte. Das verlangt von einem (echten!) Journalisten große Sorgfalt und Sachverstand. Aber das kümmert Herrn Haselnuss überhaupt nicht:

"Das, was Sie versuchen, ist mich ohne rechtlich ersichtlichen Grund mit erheblichen Druck dazu zu zwingen, die Berichterstattung über ein rechtsstaatliches Verfahren bis zur Unkenntlichkeit zu begrenzen. Einen solchen Zwang auf einen Vertreter der Presse auszuüben, ist unzulässig."

An diesen zwei Sätzen ist alles falsch, was man nur falsch machen kann. Sie, Herr Haselnuss, sind kein "Vertreter der Presse". Sie sind kein Journalist. Sie sind ein Privatmann, der für sich bestenfalls den Begriff des "Hobbyschreibers" reklamieren kann. Sie haben keine für uns offensichtliche Berater, Sie sind nicht eingebunden in irgendeien Pressekodex oder schärfen Ihre Instrumente im Kontext und im kritischen Austausch mit anderen Journalisten. Sie schmoren lediglich, wie man so schön sagt, im eigenen Saft.

Und wer erklärt die "Unzulässigkeit" eines angeblichen "Zwangs" auf einen "Vertreter der Presse"? Sind Sie jetzt die über sich übergeordnete Instanz? Wenn Sie so im Recht sind, warum warten Sie dann nicht die Gerichtsverhandlung ab? Warum bemühen Sie nicht die Phrase: "Einer Verhandlung vor Gericht sehe ich mit großer Ruhe entgegen"? Warum holen Sie nicht den Deutschen Journlistenverband zur Hilfe? Warum rufen Sie nicht den Presserat an? Das kostet übrigens alles keinen Cent und ist nicht nur etwas für Reiche. Ein guter Journalist wüsste das.

1 Kommentar:

  1. Herr Haselnuss darf angeblich nur von spezialisierten "Presseanwälten" mit Sonderhonorar vertreten werden. Gewöhnliche Anwälte müssten -nach seiner Diktion- bei GEZ-Prozessen neidisch auf 1-Euro-Jobber sein. (Die Gebührenverordnung für Rechtsanwälte irrt offenbar.)

    Sollen wir das nun glauben - oder möchte Herr Haselnuss vielleicht möglichst dick auf die Tränendrüse drücken, um hohe Spenden zu lukrieren?

    Angeblich besitzt Herr Haselnuss keine GEZ-pflichtigen Unterhaltungsgeräte.(Hier irren die Teilnehmer an unserer einschlägigen Umfrage.)
    Alsdann lenkt ihn nichts davon ab, sich zum Beispiel anhand einer handelsüblichen Bild-Zeitung zu informieren.
    Dort schreiben zahlreiche Journalisten an teilweise sehr überzeichnenden und reißerischen Beiträgen. Doch woran halten sich all diese Artikel trotz wüstester Anschuldigungen: Richtig, an die "Vorname-Buchstabe-Punkt"-Konvention.

    Personen, die nicht Gegenstand des öffentlichen Interesses sind, werden nur mit Decknamen genannt. Punkt. So machen die das, die echten Journalisten. Dafür benötigen sie auch gar keinen Presseanwalt, nur die wohlmeinende Auskunft eines Kollegen.

    Aber "Auskunft", das ist eben ein Wort, das bei Herrn Haselnuss sauer aufstößt. Verbittert durch die ablehnende Haltung einer gewissen Datenschutzbeauftragten verbindet er mit "Auskunft" nur noch "Klage vor Gericht!".

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