Freitag, 24. April 2009

Prozess-Spenden-Hilfe

Gerichtsverfahren in der Bundesrepublik sind üblicherweise ein kostspieliges Unterfangen. Der Bürger soll angehalten werden, seine Streitigkeiten möglichst außerhalb des Gerichtssaales beizulegen. Wer viel Recht will, soll zuerst einmal viel Geld vorschießen - und in Ungewissheit über die Rendite gelassen werden.

Woher aber das nötige Kapital nehmen, wenn nicht stehlen? Es gibt zunächst so etwas wie "Prozesskostenhilfe" - aber die wird unter anderem nur für Erfolg versprechende Verfahren gewährt.

Herr Haselnuss sah sich in einer verzwickten Situation, als er bei einer Rundfunkanstalt um Übersendung von Vertragsdokumenten ansuchte. Dies wurde ihm nämlich trotz wortreicher Erörterungen und Erwiderungen lapidar verweigert:

...ich musste mal wieder vor Gericht ziehen, um so eine einfache Sache, wie eine allgemeine Auskunft zu erlangen.

Dies klingt schlüssig. Eine einfache Sache sollte auch einfach zu erstreiten sein - die Erfolgsaussichten sind somit hoch!
Entsprechend einfach strukturiert ist auch die Klagebegründung, vornehmlich der erste Satz:

Der Beklagte muss die von mir begehrten Unterlagen herausgeben.

Na bestens. Wortreiche Erläuterungen folgen -und überzeugen.

Der Beklagte schließt sich der Einschätzung, es handle sich um eine "einfache Sache", vollumfänglich an:

Zur Begründung verweisen wir auf die Gründe in unserem Widerspruchsbescheid...

Alles Nötige wurde bereits gesagt, allein die Entscheidung des Gerichts steht noch aus. Die Notwendigkeit für ein langwieriges Für und Wider entfällt.
Erstaunlicherweise ist es gerade diese einach gestrickte Antwort, die Herrn Haselnuss plötzlich nervös werden lässt: Er nimmt die Klage zurück!

Als Begründung gibt er an:
Nehmen wir an, ich verliere, wäre das Geld weg. Das wäre aber der am wenigsten gefährliche Fall.

Das Obsiegen bei der Klage ist gefährlicher als das Verlieren? Interessant!

Wenn ich gewinne, geht der RBB mit tödlicher Sicherheit in die Berufung.

...und weiter...

Da ich kein Anrecht auf Prozesskostenhilfe habe...

Ob dies auch im Angesicht eines Erfolgs in der ersten Instanz so wäre? Die Erfolgsaussichten wären ja immerhin bewiesen worden! Außerdem: Es handelt sich doch um eine "einfache Sache".
Aber weiter im Text:

Ich stehe also mutterseelen allein einer mächtigen Institution gegenüber...

Das Publikum ist zu Tränen des Mitgefühls gerührt. Spätestens hier wäre es angebracht, Herrn Haselnuss den Rücken zu stärken:
Wir stehen hinter dir! Wir wollen weiter unterhalten werden! Bitte höre jetzt nicht auf! Können wir dir nicht so etwas wie "private Prozesskostenhilfe" zukommen lassen, damit du dich nicht "ruinieren" musst?

Offenbar nicht:
Privatpersonen kann ich aber nur warnen, sich daran zu beteiligen, da die Sache RICHTIG teuer werden kann und die Verwaltung von kleinen Beträgen kann ich nicht übernehmen.

Nun ja. Kleine Beträge. RICHTIG Teuer. Ein eindeutiger Widerspruch. Wir senken das Haupt und ziehen enttäuscht von dannen.

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Szenenwechsel, 22. April 2009.

Herr Haselnuss soll Herrn Stachelbeere nicht mehr namentlich nennen und sieht dunkle Gewitterwolken voller Prozesskosten auf sich zukommen. Offenbar hat er nur noch die Wahl zwischen RICHTIG Teuer und Teuer - Rückzugsmöglichkeit hat er sich diesmal keine offen gelassen.

Derartige Kämpfe (so muss man das jetzt wohl nennen) kann ich aus finaziellen Gründen nicht alleine führen.

Klingt einleuchtend. Sogar an der Rechtschreibprüfung muss Herr Haselnuss bereits sparen - seine nervliche Anspannung wird spürbar. Doch gleichzeitig wächst er über sich hinaus und kann ab sofort auch die "Verwaltung von kleinen Beträgen" übernehmen! Ein entsprechendes Sonderkonto wurde eingerichtet.

Wir unterhaltungssüchtige Leser sehen die Gelegenheit gekommen, unseren Obolus zur Fortsetzung des Dramas zu leisten. Doch halt!

Ich muss aus rechtlichen Gründen betonen, dass ich für eine Spende keine Gegenleistung im eigentlichen Sinne erbringen kann und darf.

Soll das etwa heissen, die Zweckwidmung "Geld für Unterhaltung durch neue Schriftsätze" ist gesetzwidrig?! Geradezu skandalös! Erneut müssen wir unsere Großzügigkeit zurückstecken und ziehen gesenkten Hauptes von dannen.

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